SynSim Rekonstruktionzs
Synagogen
Virtuelle Rekonstruktion des Toraschreines und des Lesepultes (Hebr.: Bima) der Synagoge Simmern, von der aus die Tora während des Gottesdienstes verlesen wurde.

Die wichtigsten religiösen Einrichtungen jüdischer Gemeinden sind die Synagoge, der Friedhof und die Mikwe, das rituelle Tauchbad. Im Laufe der Zeit diente die Synagoge einem dreifachen Zwecke: Sie war nicht nur Stätte des Gebets sondern auch des Lernens und der Begegnung. Überall, wo Juden nach der Vertreibung durch die Römer auch hinkamen, errichteten sie Synagogen und erhielten damit die hebräische Sprache, religiöse Riten, jüdische Werte und so ihre Religion am Leben.

Der Minjan

Das Wort Synagoge stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Vereinigung“ oder „Versammlung“. Im weitesten Sinne ist jeder Ort, an dem ein sogenannter „Minjan“ zum Lesen der Thora zusammenkommt, eine Synagoge. Als Minjan wird die Gemeinschaft von zehn religionsmündigen, jüdischen Männern (in vielen reformorientierten Gemeinden auch Frauen) bezeichnet, die sich zum Gebet zusammenfinden. Diese Gemeinschaft ist nicht auf die Anwesenheit eines Rabbiners angewiesen, denn jeder Jude darf aus der Tora lesen oder vorbeten, d.h. den Gottesdienst leiten. Die weitgehende Autonomie dieser Religionsgemeinschaften hat begünstigt, dass sich auch in den vielen Hunsrückdörfern kleine Gemeinden bilden konnten. Waren genügend Männer versammelt, konnte der Gottesdienst auch in einem Wohnhaus oder einer einfachen Betstube gefeiert werden.

„Bei den Gottesdiensten war nie ein Rabbiner dabei. Man kann sagen, dass die jüdischen Dorf- und Kleinstadtgemeindenn recht gut ohne Rabbiner auskamen. Für die jüdischen Gemeinden in unserer Gegend war der Rabbiner von Kreuznach zuständig, und der wurde nur hinzugezogen, wenn es sich um ein schwerwiegendes Religionsproblem handelte.“

Hans-Shimon Forst (1917-2011), Kastellaun

Im 19. und 20. Jahrhundert gab es in keiner der Gemeinden im heutigen Rhein-Hunsrück-Kreis einen für längere Zeit fest angestellten Rabbiner. In Hottenbach (1815-1969 Kreis Bernkastel, heute Birkenfeld) wohnte bis 1820 der Rabbiner Hirz Kann (1771-1836), der auch die Juden in Idar-Oberstein mitbetreute. In der Regel wurden die Gottesdienste geleitet vom Religionslehrer, der meist auch als Schächter (Schochet) und Kantor (Chasan) fungierte, oder von Mitgliedern der Gemeinde, die eine gute Stimme besaßen.

Nach den mittelalterlichen Pogromen und der Vertreibung aus den Städten traf sich der Minjan vornehmlich in privaten Wohnhäusern. In der späten Epoche des Landjudentums entstanden im Hunsrück die ersten Synagogen, so in Hottenbach im Jahr 1796. Sie stellten stets eine große finanzielle Belastung für die Gemeinden dar und blieben bis um 1900 äußerlich unauffällig. Oft waren die Gotteshäuser umgebaute landwirtschaftliche Gebäude ("Scheunensynagogen"). Die Blütezeit eigens errichteter Synagogenbauten war  die MItte des 19. Jh. Die prächtigen Synagogen in Laufersweiler und Simmern, beide 1911 im orientalisierenden Stil erbaut, unterschieden sich hingegen deutlich von den christlichen Sakralbauten der Umgebung und sind Sinnbild der zunehmenden Emanzipation der Juden.

Was bleibt?

Es ist nicht bekannt, wie viele Synagogen, Bethäuser oder Betstuben es in der langen Geschichte der Juden im Rhein-Hunsrück-Raum gab. Von den 223 rheinland-pfälzischen Synagogenbauten sind nur noch wenige erhalten. Viele der Synagogen wurden in der Reichspogromnacht zerstört, oder auch noch nach 1945 abgebaut. Im Jahre 1988 gab es noch 88 Bauten, von denen viele umgenutzt und verändert wurden und heute z.B. als Wohnhäuser oder Werkstätten fungieren. In Laufersweiler befindet sich das einzige Gebäude der Hunsrückhochfläche, das zumindest äußerlich an die frühere Funktion erinnert und unter Denkmalschutz steht.

Von vielen Synagogen existieren keine Fotos, von einigen Pläne oder Zeichnungen, von anderen nur Fotos nach den Zerstörungen der Reichspogromnacht 1938. Innenaufnahmen sind äußerst selten, sodass z.B. im Rhein-Hunsrück-Kreis nur ein einziges Foto eines Sakralraumes überliefert ist, das anlässlich der Einweihung der Simmerner Synagoge aufgenommen wurde. Anhand weniger erhaltener Fotos und Zeitzeugenberichte hat der Grafiker Thomas Schneider aus Kastellaun folgende virtuelle Rekonstruktion dieser Synagoge geschaffen, die stellvertretend einen Eindruck von dem einstigen Erscheinungsbild der heute nicht mehr existierenden Synagogen geben soll.

Die folgende Karte gibt eine Übersicht über die Synagogen der Hunsrück-Region und des näheren Umfeldes. Das Gebiet war vor 1800 in viele kleine unabhängige Herrschaftsbereiche zersplittert und unterlag bis zur kommunalen Gebietsreform 1969/70 wechselnden Gebietseinteilungen. Die hier gezeigte Auswahl bildet daher ein Cluster jüdischer Gemeinden ab, die durch die geografische Nähe, Handelsbeziehungen und Familienbande über etwaige Gebietsgrenzen hinweg eng miteinander verbunden waren.

In keinem der Orte besteht heute noch eine lebendige jüdische Gemeinde. Auch die Mehrzahl der Gebäude ist heute nicht mehr vorhanden, nur wenige wurden restauriert und dienen heute als Erinnerungsorte wie z.B. Ediger-Eller und Bruttig an der Mosel oder Bad Sobernheim an der Nahe. Durch Klick auf die Markierung kann ein kurzer Steckbrief abgerufen werden, der das Schicksal der jeweiligen Synagoge von der Erbauung, über die Zerstörung bis zur heutigen Nutzung schildert.