Die Synagoge
"Wie schön sind deine Zelte, Jakob, und deine Wohnungen, Israel"
Zwei Abbildungen der Synagoge in Laufersweiler (Kirchgasse 6) zieren die Broschüre "Synagogen und Denkmalpflege" des Landesamtes für Denkmalpflege aus dem Jahre 1989. Sie zeigen den Zustand vor und nach der Renovierung der Jahre 1986/87. Sie machen deutlich, welch architektonisches Juwel die Gemeinde durch die Unterschutzstellung (1985) heute besitzt. Es war ein Glücksfall, dass die Nachfahren des Erbauers Nikolaus Elz, Hans und Martin Elz aus Hirschfeld, die Leitung der Baumaßnahmen übernehmen konnten. Sie stellten das äußere Erscheinungsbild bis auf einige Details wieder her, die Rekonstruktion des Inneren ließ sich wegen der vorgesehenen Nutzung nicht realisieren, der Einzug einer Zwischendecke (1955) ließ die Frauenempore und damit den hohen Sakralraum verschwinden.
Der Bau, 1911 vollendet und eingeweiht, wird bestimmt von Elementen eines sog. "maurischen Stils", der um 1900 viele Synagogenbauten prägte. Das neue Bethaus unterschied sich damit deutlich von den christlichen Kirchen des Ortes und den Vorgängerbauten (vor 1839 und Neubau 1844), von denen noch Reste im Neuen Weg erkennbar sind. Die jüdischen Gemeinden strebten in Zeiten der Emanzipation und Assimilation nach einem eigenen synagogalen Stil, der vor allem an der Eingangsfassade (Westen) erkennbar ist:
Das Portalgewände ist - nachdem Pfarrer Busch es mit Konfirmanden auf dem Friedhof wiederentdeckt hatte - ebenfalls wieder restauriert. Die Inschrift empfängt die Besucher mit dem altestamentarischen Segensspruch: "Wie schön sind deine Zelte, Jakob, und deine Wohnungen, Israel" (Numeri 24,5).
Die im Erdgeschoss befindlichen schmalen zweibogigen Zwillingsfenster und die größeren im Obergeschoss nehmen ein traditionelles jüdisches Stilmerkmal auf: die Gesetzestafeln des Moses. Ursprünglich befanden sich zwei Tafeln mit einem Davidstern auf der Giebelspitze, ein Fragment - zunächst fälschlicherweise als Grabstein aufgestellt - befindet sich heute vor dem Friedhofseingang. Auch die Fenster im Obergeschoss nehmen dieses Charakteristikum auf. Die Gebäudekanten enthalten dekorative Pfeileraufsätze, im Osten mit Kugeln versehen, im Westen mit oktogonen Aufsätzen in Schweifhaubenform. Symbolisch stellen sie Boas (links) und Jachin (rechts) dar, zwei Säulen an der Vorhalle des Tempels in Jerusalem, benannt nach dem Urgroßvater Davids (Boas) und dem Hohenpriester Jachin. Sie bedeuten "Ich (Gott) werde aufrichten" oder "Ich (Gott) werde aufstehen" und Boas "In ihm (Gott) ist Stärke". Zusammen symbolisieren sie also Kraft, Stärke und Stabilität. Auf der Ostseite befindet sich der fünfseitige Aron ha-Kodesch ("heiliger Schrein", Toranische), die beiden flankierenden Bogenfenster sind nach 1955 zugemauert worden.
Die beiden Löwen-Flachreliefs zu beiden Seiten des Eingangs haben ihren Ursprung in der Genesis, als der israelitische Stamm des Yuda (Yehuda) den Löwen als sein Symbol benutzt.
Zu einer jüdischen Gemeinde gehörten neben der Synagoge ein Friedhof und eine Mikwe. Eine Mikwe (rituelles Tauchbad) existierte wohl in der zweiten Synagoge. In Oberwesel ist ein Tauchbad 2013 eindeutig von Archäologen als solche identifiziert worden, eine weitere Untersuchung fand bisher leider nicht statt. Jüdische Zeitzeugen berichten, dass um 1900 mit Beginn der Wasserversorgung in Privathäusern Mikwen überflüssig wurden.
Bei einer größeren Anzahl von Juden in einem Ort errichtete man auch eine Schule (z.B. Gemünden, Laufersweiler).
Die Synagoge in Laufersweiler ist die einzige im Rhein-Hunsrück-Kreis, die noch als solche erkennbar ist. Die anderen wurden alle in der Reichspogromnacht zerstört, abgebrannt oder erst nach dem Krieg niedergerissen. Die Gebäude in Oberwesel, Hirzenach, Boppard, St. Goar sind umgenutzt, in Simmern, Sohren und Kirchberg wurden sie nach dem Kriege abgerissen. In Rheinböllen entging die Synagoge einer Zerstörung, da der letzte jüdische Gemeindevorsteher das Gebäude vor der Pogromnacht einem Privatmann verkaufte. Sie steht heute noch weitgehend unverändert und wird als Werkstatt genutzt. Viele Synagogen waren sog. "Scheunensynagogen", die aus Umbauten von Stallungen oder Scheunen hervorgingen, so die 1938 zerstörte und 1942 abgerissene Synagoge in Kastellaun.
Das fehlende Bewusstsein für das jüdisch-deutsche Kulturgut, der fehlende Wille nach der Katastrophe des Dritten Reiches, sich der gemeinsamen wechselvollen Vergangenheit zu stellen und die Tendenz, die jüdisch-deutsche Vergangenheit zu verdrängen und zu vergessen, führten dazu, dass vielerorts fast 30 Jahre lang keine wirkliche Erinnerung an die jüdischen Gemeinden und ihre Gläubigen stattfand, in einigen Gemeinden ist dies bis heute nicht geschehen.
In Laufersweiler änderte sich dies mit der Diskussion um die Erhaltung der Synagoge in den 1980er Jahren.
Ayelet Drach hat für ihr Architekturstudium in Tel Aviv eine Arbeit über die Geschichte der Synagoge verfasst:
Fotos von den Bauarbeiten 1985-1988 (Werner Dupuis/Gisela Wagner)