
Diese Luftaufnahme wohl aus dem Beginn der 1930er Jahre gibt einen guten Blick auf den eng bebauten Ortskern Gemündens, in der sich das „Hotel zur Post“ (rechts) und die mit Rundbogenfenstern versehene Synagoge befanden.[1] Die Synagoge lag zwischen der Katholischen Kirche (links) und der evangelischen Kirchen (rechts, hier nicht sichtbar). Das enge Zusammenleben zwischen Juden, Protestanten und Katholiken verlief in vielen Lebensbereichen relativ konfliktlos, in anderen jedoch war es problembehaftet, wie vor allem die neueren Studien zu Gemünden von Dr. Stephanie Schlesier zeigen [2].
Von „Klein-Nazareth“ – ein Beiname, den Gemünden im Volksmund aufgrund seiner hohen Zahl jüdischer Bewohner erhielt – bis zur späteren Rolle der Stadt als Zentrum der „Bewegung“, die sich gegen eben diese jüdischen Gemündener richtete, spannt sich ein weiter und bewegender Bogen. Die Geschichte der jüdischen Gemeinde Gemündens ist zugleich ein Spiegel der Entwicklung des linksrheinischen Landjudentums im 18., 19. und 20. Jahrhundert und das eindrucksvolle Zeugnis einer Gemeinschaft, die durch ihre besondere Lage, ihre sozialen Verflechtungen und die individuellen Lebenswege ihrer Mitglieder einzigartig bleibt. Bis zu der Zeit ihrer Zerstörung durch die Nationalsozialisten können wir auf eine mindestens 250 Jahre lange Geschichte der Juden in Gemünden zurück blicken. Über zweieinhalb Jahrhunderte hinweg waren jüdische Familien wichtiger Teil des Ortes. Sie betrieben Handel und Handwerk, stellten Lehrer und Vorsteher, bauten ein eigenes religiöses Leben mit Synagoge, Schule und Friedhof auf – und prägten damit Gemünden weit über ihre zahlenmäßige Größe hinaus.
Lesen Sie hier weiter über die Geschichte der Juden in Gemünden und dem Hunsrück zur Zeit des Nationalsozialismus .
[1] Alemannia Judaica: https://www.alemannia-judaica.de/gemuenden_sim_synagoge.htm
Fotosammlung Morscheiser (etwas anderer Blickwinkel)
[2] Stephanie Schlesier, Jüdisches Leben auf dem Lande während der Emanzipation 1815-1880 (Manuskript, Magisterarbeit Universität Trier 2003). Dies., Bürger zweiter Klasse? Juden auf dem Land in Preußen, Lothringen und Luxemburg (Böhlau Verlag Köln, 2014. 600 Seiten, ISBN: 978-3-412-22362-5). Zum Volltext der Arbeit: Zur Studienarbeit von Dr. Stephanie Schlesier
[3] Peter Meyer, Stadtordnung der Burg Koppenstein, in: Hunsrücker Heimatkalender (1929), Neudruck 1999, S. 34 – 36. Das Original ist nicht mehr vorhanden, jedoch eine Abschrift aus dem Jahre 1389.
[4] W. Diener, Bürger und Einwohner von Gemünden bis 1800. Namen, Berufe, Schicksale, in: Hunsrücker Heimatblätter Nr. 37 (1976), S. 270 – 273.
[5] Zitiert bei Volker Boch, Die Verfolgung der Gemündener Juden durch den Nationalsozialismus (Facharbeit am Herzog – Johann – Gymnasium Simmern, 1995) S.2.
[6] Friedrich L. Kronenberger, Die jüdischen Vieh – und Pferdehändler im Birkenfelder Land und in Gemeinden des Hunsrücks (Schriftenreihe der Kreisvolkshochschule Birkenfeld, hrsg. v. P. Brandt, Bd. 8) S. 9.
[7] Zahlen zusammengestellt nach V. Boch, Die Verfolgung der Gemündener Juden; Dokumentation, Bd. 5.
[8] Tabelle aus dem Englischen übersetzt, in: John Henry Richter, From the Rhineland to Wisconsin (Ann Arbor, Michigan 1990). Unveröffentlichtes Manuskript, Dokumentationszentrum Synagoge Laufersweiler, S. 34.
[9] Ebda., S. 48. Zu Einzelheiten über den Viehhandel siehe auch: Friedrich L. Kronenberger, Die jüdischen Vieh – und Pferdehändler im Birkenfelder Land und in Gemeinden des Hunsrücks.
[10] John Henry Richter, From the Rhineland to Wisconsin, S. 63f.
[11] Abraham Barkai, Aus dem Dorf nach Amerika: Jüdische Auswanderung 1820 – 1914, in: Jüdisches Leben, S. 109.
[12] Heimatführer der deutschen Landkreise, Landkreis Simmern, hrsg. v. Landratsamt Simmern (Stollfuß, Bonn 1967) S. 67.
[13] Carla Regge, Chronik der Verbandsgemeinde Kirchberg im Hunsrück 1789 – 1983 (Idar- Oberstein 1983) S. 63 – 68.
[14] J. H. Richter, From the Rhineland to Wisconsin, S. 56f. Frdl. Auskunft von Doris Wesner, Simmern.
[15] Abraham Barkai, Die Juden als sozio-ökonomische Minderheitsgruppe in der Weimarer Republik, in: W. Grab/J.H. Schoeps, Juden in der Weimarer Republik (Darmstadt 21998) S. 330f.
[16] Tabelle zusammengestellt nach: Dokumentation, Bd. 5, S. 144f.
[17] Erschien 1837 bis 1922. Die CV-Zeitung 1922-1938, „Ein unpartheiisches Organ für alles jüdische Interesse in Betreff von Politik, Religion, Literatur, Geschichte, Sprachkunde und Belletristik“. Themen waren v.a. die Emanzipation und in den letzten Jahren der Kampf gegen Antisemitismus: https://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/cm/periodical/titleinfo/3225281
[18] „Jeschurun“ als auch „Der Israelit“ sind fast vollständig im Internet einsehbar: https://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/cm/periodical/titleinfo/2932754 und: https://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/cm/periodical/titleinfo/2446951
[19] Dokumentation, Bd. 4, S. 124 – 127; 136 – 139.
[20] Ebda., S.136.
DIe unter napoléonischer Herrschaft geschaffenen Konsistorien waren halbstaatliche Institutionen, die zur regionalen Verwaltung der jüdischen Gemeinden und organisatorische Verbindung zu den staatlichen Behörden eingesetzt wurden. Das Konsistorium in Bonn, das bis 1810 in Koblenz verortet war verwaltete ein Gebiet von Reinbach und Bonn im Norden bis Bad Kreuznach, SobernheimIm und Kirn im Süden. Jahre 1847 wurden die im preußischen Rheinland gelegenen Konsistorien Bonn, Trier und Krefeld abgeschafft.







