"Ich bin sprachlos" - IGS Emmelshausen im Studienzentrum
Am 29.1.2014 besuchte der Deutsch-Erweiterungskurs der 8. Klassenstufe mit Lehrerin Pia Hannes und Mütterbegleitung die ehemalige Synagoge. Die Schülerinnen und Schüler hatten sich freiwillig für diese Exkursion gemeldet und opferten ihren freien Nachmittag, um das im Aufbau befindliche Forst-Mayer Studienzentrum für das Landjudentum zu besuchen.
Nach einer kurzen Einführung in die wechselhafte Geschichte des Gebäudes und in die Religion des Judentums suchten die Teilnehmer die Stätten der "Erinnerung durch Kunst" auf: "Gelebtes Leben - geraubtes Leben", das Relief von Karl-Heinz Brust und das Gemälde von Margot Seibert. Sie hatten die Aufgabe, sich Gedanken zu diesen Kunstwerken zu machen. Jede Gruppe teilte den anderen die Ergebnisse ihrer Überlegungen mit. Angelo fasste am Ende zusammen: "Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Durch kleine Keramikwürfel dargestellt zu sehen, dass ein 94-jähriger genauso wie ein 3-jähriges Kind deportiert und ermordet wurden - das macht mich sprachlos. Es wirkt mehr, als wenn ich das irgendwo gelesen hätte".
Während die Deutsch-Lehrerin Brötchen für eine kleine Pause belegte, versuchten sich die jugendlichen Teilnehmer an koscheren Gummibärchen. Sehr schnell konnte das enorme Wissen einiger Teilnehmer vertieft werden, was die Speisegesetze im täglichen jüdischen Leben bedeuten können und welche Gemeinsamkeiten doch zwischen den abrahamitischen Religionen bestehen. Das umfangreiche Material des Studien- und Begegnungszentrums leistete dabei wertvolle Hilfe.
Mit Hilfe von Fotos und Berichten von Heinz Joseph aus Laufersweiler konnte dessen Lebensweg vom integrierten Kind in einem Hunsrückdorf bis hin zum verfolgten Juden in Luxembourg, Auschwitz bis zu seiner Befreiung in Bergen-Belsen nachverfolgt werden. Alle diese Dokumente dazu liegen im Studien- und Begegnungszentrum vor, sie tauchten in Schuhkartons seiner Witwe in den USA auf, ebenso wie ein Foto der grölenden Nazi-Schergen nach ihrer "ruhmvollen" Tat der Reichspogromnacht. Ein intensives Interview der Shoah-Foundation von Steven Spielberg und der auf ein Kinoplakat geschriebene Bericht über die Pogromnacht in Laufersweiler vervollständigen dieses umfangreiche Material.
Briefe der Eltern Simon und Ida Grünwewald aus Rheinböllen an ihre aus Deutschland geflohenen Kinder Herbert, Ernst und Leo machen das Ausmaß der rassistischen NS-Politik deutlich. Sie selbst konnten nicht mehr fliehen und überlebten den Rassenwahn nicht. Ihre Nachkommen leben heute in Südafrika, Südamerika, Israel und Australien.
Am Ende des Tages fasste jeder Teilnehmer seine Eindrücke zusammen: Einigen werden die Kunstwerke in Erinnerung bleiben, andere äußerten, dass sie aus der Vergangenheit heraus Schlussfolgerungen für die Gegenwart und Zukunft ziehen müssen. Vicky sagte: "Wir haben in unseren Klassen und in der Schule auch Schüler, mit denen man nicht gerne etwas zu tun haben will. Auf dem Bild von Frau Seibert haben wir die Anfänge gesehen, wo das hinführen kann. Das darf nicht wieder passieren!"
"Ich bin sprachlos"