"Musikalischer Stolperstein" für Samuel Baum - eine Konzertlesung in Taunusstein-Wehen
2020 wurde Pianist Peter Przystaniak vom Förderkreis Synagoge Laufersweiler mit einer ganz besonderen Aufgabe betraut: Auf dem Speicher eines Hauses in Bruschied war 2014 das Notenbuch von Simon Baum aufgefunden worden. Simon Baum stammte aus einer jüdischen Familie, lebte von 1851 bis 1914 in Bruschied, war bekannt für sein Musikspiel und komponierte sogar selbst. Auch sein Sohn Samuel Baum war für sein musikalisches Talent bekannt und unterrichtete bei jüdischen als auch christlichen Familien Klavier, Horn und Violine. Das Buch enthält eine handschriftliche, mit Tinte aufgezeichnete Notensammlung aus dem Besitz der Familie. Diese umfasst Noten für Musikstücke wie Walzer, Fastnacht Galopp oder Polka - und Peter Przystaniak machte sich daran, diese gemeinsam mit Klarinettistin Irith Gabriely zu rekonstruieren.
Die rekonstruierten Musikstücke der Familie Baum aus Bruschied waren und sind Grundlage für die Konzertlesung "Musikalischer Stolperstein für Samuel Baum". Die wunderbare klassizistische evangelische Kirche in Taunusstein-Wehen war am Sonntag, 13.11.2022 der besonders geeignete Schauplatz einer weiteren Aufführung dieser Werke. Eingebunden waren sie in die bewegende Geschichte "Wann kommt Herr Baum?" von Leona Riemann, die die kulturell bedeutsame und dramatische Lebensgeschichte der Familie Baum rekonstruiert und auch die Sprachlosigkeit in Deutschland nach 1945 angesichts des ungeheuren Verlustes der Shoah reflektiert.
Irith Gabriely moderierte zwischen den Walzern, Galopps oder Rheinländern gewohnt souverän und witzig, während Peter Prysztaniak den Prozess bei der Rekonstruktion der Baum-Stücke erläuterte. Christof Pies konnte sich auf die Fakten bzgl. des Notenbuches und seiner Bedeutung für das christlich-jüdische Zusammenleben auf dem Lande konzentrierten, während Heiner Schneider aus Rhaunen den sehr persönlichen Zugang zu dem Notenbüchlein erzählte. Er hatte das Buch 2016 dem Studienzentrum in Laufersweiler als Geschenk übereignet.
Nach der bedrückenden Geschichte von Frau Riemann herrschte atemlose Stille in der Kirche, die sich erst wieder nach den Musikstücken des Musik-Duos Gabriely/Przystaniak in lang anhaltendem Beifall löste.
Weitere Aufführungen dieser einzigartigen Veranstaltungen sind schon in Planung.