Dokumentation und Pflege jüdischer Friedhöfe
Jüdische Friedhöfe gehören zu den wenigen erhaltenen materiellen Zeugnissen jüdischer Kultur. Im Gegensatz zu Synagogenbauten überstand die Mehrzahl der jüdischen Friedhöfe Krieg und NS-Zeit - oft stark beschädigt, aber nicht vollkommen zerstört. Für Angehörige bleiben sie Orte des Erinnerns und des Trauerns. Sie sind zugleich Denkmale und wichtige Informationsquelle zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland.
In Rheinland-Pfalz existieren etwa 370 jüdische Friedhöfe. „Beth Olam“, Haus der Ewigkeit, wird der Friedhof auf Hebräisch genannt und soll als Ort der Ruhe bestehen bis zum jüngsten Tag. Eine begrenzte Ruhefrist gibt es folglich nicht, die Gräber bleiben unangetastet. Und trotzdem sind sie vergänglich: Viele der Grabsteine sind aus Naturstein und daher sehr witterungsanfällig. Einige Friedhöfe zeigen ein trauriges Bild: Grabsteine sind umgefallen, überwuchert, die Oberflächen angegriffen und manche Inschriften kaum mehr zu erkennen. Immer wieder werden Gräber auch vorsätzlich verwüstet und beschädigt.
Während sich andere Bundesländer bereits um eine digitale Erfassung der Friedhöfe bemüht haben, ist eine solche systematische Dokumentation in Rheinland-Pfalz bisher versäumt worden. Aus eigener Initiative und mit finanzieller Unterstützung der Sparkasse hat sich der Förderkreis Synagoge Laufersweiler e.V. daran gemacht, die 13 Friedhöfe der Rhein-Hunsrück-Region aufzusuchen und den jeweiligen Status Quo aufzuzeichnen. Es handelt sich um einen wichtigen Schritt zum Erhalt dieser kulturhistorischen Denkmäler, der hoffentlich weitere Kreise in Rheinland-Pfalz zur Nachahmung veranlasst.
Bei der Erfassung erhielten wir Unterstützung von Daniela Tobias, einer professionellen Fotografin aus Solingen, und dem Praktikanten Jonathan Weiss aus Israel. Gemeinsam suchten wir die ca. 750 Grabsteine auf den 13 Friedhöfen auf, die oft weit abgelegen auf unwegsamen Gelände aufzufinden waren. Dafür wählten wir den Monat Februar, der die besten Lichtverhältnisse versprach, denn in der Winterjahreszeit sind die Grabsteine am wenigsten durch Laub oder Pflanzen verdeckt. Allerdings handelte es sich auch um eine der kältesten Wochen des Jahres mit heftigem Schneefall und so besuchten wir die Friedhöfe in dicker Winterkleidung. Mit vollem Körpereinsatz bahnten wir uns Wege durch den Schnee, kletterten Rheinhänge hinauf und durch verwachsene Waldstücke, um die versteckten jüdischen Friedhöfe des Hunsrücks zu erkunden. Und es hat sich gelohnt: Entstanden sind hochwertige Fotografien jedes einzelnen Grabsteins. Sie liegen bereits Herrn Professor Dr. Lehnart in Mainz vor, der sich aktuell mit seinen Studenten um die Übersetzung der Grabinschriften kümmert, damit diese in Zukunft in ein Internetarchiv eingepflegt werden können.
Erwies sich der Weg zu den Grabsteinen bisweilen beschwerlich, ist auch das Erscheinungsbild der Friedhöfe selbst beispielhaft für den Umgang mit jenem Kulturdenkmal. Angehörige, die Gräber pflegen könnten, gibt es nur vereinzelt. Während ein Teil der verwaisten Friedhöfe vorbildlich gepflegt wird, sind andere vernachlässigt, kaum sichtbar und schwer aufzufinden. Unsicherheiten bei der Pflege und Betreuung der Friedhöfe sowie die Verschiebung von Zuständigkeiten haben eine Vernachlässigung jener Orte zur Folge.
Auf Initiative der Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten und Erinnerungsinitiativen zur NS-Zeit in Rheinland-Pfalz und des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden entstand im August 2019 eine Handreichung mit Hinweisen zur Pflege jüdischer Friedhöfe, um somit den Erhalt der Denkmale und ihrer Geschichte zu fördern.